Die Frage, ob Arbeitnehmer bereits in der Probezeit Urlaub nehmen dürfen, sorgt immer wieder für Unsicherheit. Grundsätzlich gilt: Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sieht eine Wartezeit vor, die vor der Inanspruchnahme des vollen Urlaubsanspruchs erfüllt sein muss. Doch gibt es Ausnahmen? Ein Blick in das Gesetze schafft nicht unbedingt Klarheit.
Inhalt – Welche Informationen erwarten Sie
Urlaubsanspruch bei Arbeitsbeginn in der zweiten Jahreshälfte
Gemäß § 5 Abs. 1 a) BUrlG erwerben Arbeitnehmer für jeden vollen Monat des bestehenden Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel ihres Jahresurlaubs. Dies gilt insbesondere dann, wenn die gesetzliche Wartezeit von sechs Monaten innerhalb des Kalenderjahres nicht mehr erfüllt werden kann. In diesem Fall entsteht ein sogenannter Teilurlaubsanspruch, der bereits vor Ablauf der Wartezeit genutzt werden darf.
Urlaubsanspruch bei Arbeitsbeginn in der ersten Jahreshälfte
Anders sieht es aus, wenn das Arbeitsverhältnis in der ersten Jahreshälfte beginnt. Hier ergibt sich eine rechtliche Unklarheit: Das Gesetz regelt nicht explizit, ob der anteilige Urlaub bereits während der Wartezeit beansprucht werden kann. Zwar legt § 4 BUrlG fest, dass der volle Urlaubsanspruch erst nach sechs Monaten besteht, doch schweigt das Gesetz zur Frage, ob Arbeitnehmer bereits vorher Urlaub nehmen dürfen.
Die Gesetzesmaterialien zur Entstehung des Bundesurlaubsgesetzes
Ein Blick in die historischen Gesetzesmaterialien hilft, diese Unklarheit zu verstehen. In einer Bundestagsdrucksache aus dem Jahr 1962 erläuterte der zuständige Ausschuss, dass ein Teilurlaubsanspruch nur in Fällen bestehen soll, in denen die Wartezeit innerhalb des laufenden Kalenderjahres nicht erfüllt werden kann.
„In § 5 sind die verschiedenen Fälle zusammengefasst, in denen der Arbeitnehmer einen Anspruch auf einen Teil des Urlaubs erwirbt. […] Es sind folgende Anwendungsfälle der Zwölftelung zu unterscheiden: a) […] falls der Arbeitnehmer […] infolge zu späten Eintritts im laufenden Kalenderjahr die Wartezeit nicht mehr erreichen kann. Die Zubilligung eines Teilurlaubs in diesen Fällen stellt eine Begünstigung des Arbeitnehmers dar.“
Bundestagsdrucksache IV/785 vom 30.11.1962
Daraus lässt sich im Umkehrschluss ableiten: Wenn die Wartezeit noch in demselben Kalenderjahr vollendet werden kann, besteht kein Anspruch auf Teilurlaub.
Praktische Konsequenzen
In der Praxis bedeutet dies, dass Arbeitnehmer, die in der ersten Jahreshälfte beginnen, in den ersten sechs Monaten rein rechtlich keinen Anspruch auf Urlaub haben. Allerdings steht es dem Arbeitgeber frei, auf freiwilliger Basis Urlaub zu gewähren. Viele Unternehmen zeigen sich hier flexibel und erlauben zumindest einen anteiligen Urlaub, um eine ausgewogene Planung zu ermöglichen.
Fazit
Ob in der Probezeit Urlaub genommen werden kann, hängt also vom Einstellungszeitpunkt ab. Wer in der zweiten Jahreshälfte anfängt, hat nach § 5 Abs. 1 a) BUrlG einen Anspruch auf anteiligen Urlaub. Wer jedoch in der ersten Jahreshälfte startet, muss grundsätzlich die Wartezeit von sechs Monaten abwarten – es sei denn, der Arbeitgeber erlaubt eine frühere Urlaubsnahme aus Kulanz.