Die Zustellung einer Kündigung: So vermeiden Arbeitgeber teure Fehler
Die Zustellung einer Kündigung ist ein entscheidender rechtlicher Schritt im Arbeitsverhältnis. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass das Kündigungsschreiben den Arbeitnehmer auch tatsächlich erreicht. Vor Gericht trägt der Arbeitgeber die Beweislast für den Zugang der Kündigung. Wer hier Fehler macht, riskiert erhebliche Verzögerungen oder gar eine unwirksame Kündigung. Wir erklären die wichtigsten Zustellungsarten und deren rechtliche Folgen.
Inhalt – Welche Informationen erwarten Sie
Persönliche Zustellung: Die sicherste Methode
Übergabe an einen anwesenden Mitarbeiter
Die sicherste Methode ist die direkte Übergabe der Kündigung. Dabei gilt:
- Am besten erfolgt die Übergabe in Anwesenheit eines Zeugen.
- Der Zeuge sollte das Schreiben vorher gelesen haben und bezeugen können, dass es sich tatsächlich um eine Kündigung handelt.
Verweigerung der Unterschrift durch den Mitarbeiter
Arbeitnehmer befürchten oft, durch eine Unterschrift Rechte zu verlieren. Dabei reicht es, auf einer Kopie des Schreibens lediglich „Erhalten am …“ zu notieren. Eine Empfangsquittung ist nicht erforderlich, da eine Kündigung eine einseitige Willenserklärung ist und keiner Zustimmung bedarf.
Der Mitarbeiter nimmt das Schreiben nicht entgegen
Verweigert ein Arbeitnehmer die Annahme oder lässt das Schreiben liegen, gilt die Kündigung dennoch als zugestellt. Nach dem Grundsatz von „Treu und Glauben“ muss sich der Arbeitnehmer so behandeln lassen, als hätte er die Kündigung entgegengenommen.
Zustellung an abwesende Mitarbeiter: Welche Optionen bestehen?
Gerichtsvollzieher: Die rechtssichere Variante
Die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher ist rechtlich kaum anfechtbar, dauert jedoch länger. In Nordrhein-Westfalen kann der Auftrag entweder direkt an den zuständigen Gerichtsvollzieher oder über die Gerichtsvollzieherverteilungsstelle beim zuständigen Amtsgericht erteilt werden. Über die Verteilungsstelle dauert es länger, dafür wird ein Vertreter beauftragt, wenn der zuständige Gerichtsvollzieher krank oder im Urlaub ist. Ist der Arbeitnehmer nicht zu Hause, wird das Schreiben „niedergelegt“ und gilt als zugestellt.
Zustellung durch einen Boten
Eine weitere sichere Methode ist die Zustellung durch einen Boten. Dabei muss der Bote den Inhalt des Umschlags kennen, die Kündigung also gelesen haben. Wichtig ist:
- Der Bote sollte Datum und Uhrzeit des Einwurfs auf einem Zustellungsprotokoll notieren.
- Ein Foto des Briefkastens mit lesbarem Namensschild kann als Gedächtnisstütze dienen.
- Wird das Schreiben bei einem Nachbarn hinterlegt, ist dieser Bote des Arbeitgebers, nicht des Arbeitnehmers. Verzögert sich die Übergabe, verschiebt sich auch der Kündigungstermin.
Postdienstleister
Verschiedene Postdienstleister bieten Zustellungen an. Hier muss geprüft werden, was diese leisten und ob der Zugang wirklich nachgewiesen werden
Postzustellung: Welche Methoden sind rechtlich sicher?
Übergabe-Einschreiben: Hohe Risiken
Wird der Arbeitnehmer nicht angetroffen, hinterlässt der Zusteller nur eine Abholbenachrichtigung. Holt der Mitarbeiter den Brief nicht ab, gilt die Kündigung als nicht zugestellt. Falls der Arbeitnehmer absichtlich die Abholung verweigert, kann es zu langwierigem Streit mit Beweisproblemen kommen.
Einwurf-Einschreiben: Unzuverlässig
Das Einwurf-Einschreiben gilt als besonders riskant, da es nur die Absendung dokumentiert, nicht aber den tatsächlichen Zugang des Schreibens. Der Zugang wird zwar bestätigt, aber es existiert später nur ein Computerbeleg, der als Beweis vor Gericht selten etwas taugt. Leugnet der Arbeitnehmer den Erhalt, kann lediglich der Zusteller als Zeuge benannt werden – eine Beweisführung, die in der Praxis häufig scheitert: Wie hoch ist die Chance, dass er sich ausgerechnet nach Wochen an diesen Brief erinnert?
Die Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich, Hier bei uns im Raum Rhein-Ruhr empfehle ich es es nicht.
- Zugang verneint: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.09.2019 – 5 Sa 18/13; ArbG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2019 – 14 Ca 465/19.
- Zugang bejaht: LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.03.2019 – 2 Sa 139/18; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2021 – 4 Sa 68/20.
Das Bundesarbeitsgericht hat zum Beweiswert des Einlieferungsbelegs und des Sendungsstatus entschieden:
„Die Vorlage des Einlieferungsbelegs begründet keine gegenüber einfachen Briefen [..] signifikant erhöhte Wahrscheinlichkeit für den Zugang der Sendung beim gewollten Empfänger des Einwurf-Einschreibens. Da durch die Absendung eines Schreibens nicht der Nachweis seines Zugangs erbracht werden kann, ist der Einlieferungsbeleg für die Frage des Zugangs ohne Bedeutung. […] Der Ausdruck des Sendungsstatus, auf dem dieselbe Sendungsnummer wie auf dem Einlieferungsbeleg sowie das Zustelldatum vermerkt sind, bietet ebenfalls keine ausreichende Gewähr für einen Zugang. In diesem Fall lässt sich weder feststellen, wer die Sendung zugestellt hat noch gibt es ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass das vom Bundesgerichtshof beschriebene oder das jeweils gültige Verfahren der Deutschen Post AG für die Zustellung der eingelieferten Postsendung tatsächlich eingehalten wurde. Der Sendungsstatus ist kein Ersatz für den Auslieferungsbeleg. Er sagt nichts darüber aus, ob der Zusteller tatsächlich eine besondere Aufmerksamkeit auf die konkrete Zustellung gerichtet hat, die den Schluss rechtfertigen würde, dass die eingelieferte Sendung in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist.“
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.01.2025 – 2 AZR 68/24
Einfacher Brief: Nicht empfehlenswert
Eine Kündigung per einfachem Brief ist nicht nachweisbar und daher in der Praxis nicht zu empfehlen.
Wen als Zeugen oder Boten wählen?
Grundsätzlich können alle Personen als Zeugen fungieren, die nicht selbst Partei des Verfahrens sind. Das bedeutet:
- Inhaber und Geschäftsführer sind als Zeugen ausgeschlossen, können aber trotzdem im Prozess angehört werden.
- Mitarbeiter oder Familienangehörige des Unternehmers können jedoch als Boten oder Zeugen agieren.
Wichtig in allen Fällen, in denen die Kündigung nicht direkt an den Mitarbeiter ausgehändigt wird: Die Kündigung geht zu, wenn zu erwarten ist, dass Mitarbeiter davon Kenntnis nehmen kann. Ein Einwurf in den Hausbriefkasten um 20.00 Uhr kann bedeuten, dass die Kündigung erst am Folgetag zugeht.