Arbeitgeber schickt keine Arbeitsbescheinigung

Ihr Arbeitgeber schickt keine Arbeitsbescheinigung? Was tun, wenn Ihr Sachbearbeiter bei der Arbeitsagentur Arbeitslosengeld nur dann zahlen will, wenn Sie die Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III vorlegen?

Es gibt für Sie zwei Möglichkeiten, die parallel genutzt werden können – seien Sie hartnäckig und lassen Sie sich nicht abwimmeln; der Sachbearbeiter wird von Ihren Steuern bezahlt. Dafür muss er Ihnen zu Ihrem Recht verhelfen.

1. Möglichkeit: Die Arbeitsagentur fordert für Sie die Arbeitsbescheinigung an – und droht mit Bußgeld

„Der Arbeitgeber hat auf Verlangen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers oder auf Verlangen der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld erheblich sein können (Arbeitsbescheinigung); dabei hat er den von der Bundesagentur hierfür vorgesehenen Vordruck zu benutzen.“

§ 312 SGB III

Nicht nur Sie können also die Arbeitsbescheinigung vom Arbeitgeber verlangen, auch die Arbeitsagentur.

Aber es wird noch besser:

Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
• entgegen § 312 Abs. 1 Satz 1 oder 3, […] eine Tatsache nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig bescheinigt oder eine Arbeitsbescheinigung nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt,
• Die Ordnungswidrigkeit kann […] mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro geahndet werden.“

§ 404 Abs. 2 Ziff. 19, Abs. 3 SGB III

Der Hinweis auf das Bußgeld führt häufig dazu, dass der Arbeitgeber die Arbeitsbescheinigung schickt.

2. Möglichkeit: Verlangen Sie einen Vorschuss, wenn der Arbeitgeber keine Arbeitsbescheinigung schickt

„Besteht ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach und ist zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich, kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Vorschüsse nach Satz 1 zu zahlen, wenn der Berechtigte es beantragt; die Vorschusszahlung beginnt spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.“

§ 42 Abs. 1 SGB I

Für die Mitarbeiter der Arbeitsagentur gibt es bindende Verwaltungsvorschriften („Fachliche Weisungen“), die erklären, wie das Gesetz anzuwenden ist:

Sie haben Anspruch auf Arbeitslosengeld

Dem Grunde nach besteht ein Anspruch auf Geldleistungen, wenn sicher feststeht, dass die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Ebenso muss die Zuständigkeit der Arbeitsagentur eindeutig feststehen.“ = Sie haben mindestens ein Jahr gearbeitet und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. Die Arbeitsagentur wäre aber nicht zuständig, wenn Sie z.B. Krankengeld beziehen würden.

Zur Feststellung der Höhe ist längere Zeit erforderlich: Bei einer Lohnersatzleistung, die einen vollständigen Einkommensausfall ersetzen soll (z. B. Arbeitslosengeld), kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzung „längere Zeit“ bei Überschreitung eines Zahlungszeitraumes erfüllt ist = „Zahlungszeitraum“ ist der Abstand zwischen zwei Gehaltszahlungen, regelmäßig also ein Monat.

Stellen Sie einen Antrag auf Vorschuss auf das Arbeitslosengeld

Wenn kein Antrag auf Vorschuss vorliegt, entscheidet die Arbeitsagentur in pflichtgemäßem Ermessen, ob und in welcher Höhe ein Vorschuss von Amts wegen gezahlt wird.

Wenn ein Antrag auf Vorschuss vorliegt, muss die Arbeitsagentur einen Vorschuss zahlen. Über die Höhe des Vorschusses ist in pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Der Antrag auf Vorschuss kann formlos und bereits mit dem Antrag auf Leistungen gestellt werden. Der Sachbearbeiter muss Sie spätestens bei seiner wiederholten Frage nach der Arbeitsbescheinigung auf die Möglichkeit des Vorschusses hinweisen.

„Besteht ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach und ist zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich, kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Vorschüsse nach Satz 1 zu zahlen, wenn der Berechtigte es beantragt; die Vorschusszahlung beginnt spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.“

§ 42 Abs. 1 SGB I

„Ermessen“ ausüben: Wie geht das?

Der Leistungsberechtigte hat einen Rechtsanspruch darauf, dass die Arbeitsagentur bei der Ermessensentscheidung über Sozialleistungen das Ermessen nach dem Zweck der Ermächtigung ausübt.

Bei der Ermessensausübung sind unter anderem auch die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Leistungsberechtigten zu berücksichtigen. Die Höhe des Vorschusses sollte so bemessen sein, dass die Inanspruchnahme anderer (nachrangiger) Sozialleistungen vermieden wird. Errechnet sich voraussichtlich keine auszuzahlende Leistung, ist von einer Vorschussgewährung abzusehen. Um Rückforderungen auszuschließen, ist die Höhe des Vorschusses an der voraussichtlich endgültigen Leistungshöhe zu orientieren.

Tipp: Reichen Sie dazu Ihre Verdienstabrechnungen ein. Diese enthalten genau die Informationen, die auch die Arbeitsbescheinigung zur Berechnung der Höhe des Arbeitslosengelds enthält.

Wann zahlt die Arbeitsagentur dann das Arbeitslosengeld?

Wird der Vorschuss von Amts wegen gewährt, steht der Beginn der Vorschusszahlung im Ermessen der Arbeitsagentur.

Wird Vorschuss auf Antrag gewährt, muss die Zahlung spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags erfolgen. Sie kann vorher erfolgen, wenn bereits feststeht, dass die Bearbeitung länger als diesen Zeitraum dauern wird.

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