Ihr Arbeitgeber schickt keine Arbeitsbescheinigung? Ihre Rechte und Möglichkeiten bei Verzögerungen durch den Arbeitgeber
Die Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III spielt eine zentrale Rolle bei der Beantragung von Arbeitslosengeld. Doch was tun, wenn der Arbeitgeber diese nicht ausstellt? In diesem Beitrag erfahren Sie, welche rechtlichen Möglichkeiten Sie haben und wie Sie schnellstmöglich an Ihr Arbeitslosengeld kommen.
Sie haben zwei rechtliche Möglichkeiten, die Sie parallel verfolgen können. Es ist wichtig, dass Sie konsequent bleiben und sich nicht entmutigen lassen. Bedenken Sie: Der zuständige Sachbearbeiter ist eine staatliche Anlaufstelle und hat die Aufgabe, Ihnen zu Ihrem Recht zu verhelfen – schließlich wird seine Tätigkeit durch Ihre Steuergelder finanziert. Lassen Sie sich daher nicht vorschnell abweisen und bestehen Sie auf eine sachgerechte Prüfung Ihres Anliegens.
Inhalt – Welche Informationen erwarten Sie
1. Möglichkeit: Die Arbeitsagentur kann die Arbeitsbescheinigung direkt anfordern – und mit Bußgeld drohen
Nicht nur Sie als Arbeitnehmer können die Arbeitsbescheinigung von Ihrem Arbeitgeber verlangen, sondern auch die Arbeitsagentur. Falls Ihr ehemaliger Arbeitgeber die Ausstellung verweigert oder verzögert, hat die Arbeitsagentur das Recht, ihn dazu aufzufordern.
„Der Arbeitgeber hat auf Verlangen der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers oder auf Verlangen der Bundesagentur alle Tatsachen zu bescheinigen, die für die Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld erheblich sein können (Arbeitsbescheinigung); dabei hat er den von der Bundesagentur hierfür vorgesehenen Vordruck zu benutzen.“
Ein wirksames Druckmittel ist dabei die Androhung eines Bußgeldes. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, die Arbeitsbescheinigung auszustellen. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, können sie mit einem Bußgeld belegt werden. Die Erfahrung zeigt, dass bereits der Hinweis auf diese Konsequenz oft ausreicht, um die Bescheinigung zeitnah zu erhalten.
„Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
• entgegen § 312 Abs. 1 Satz 1 oder 3, […] eine Tatsache nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig bescheinigt oder eine Arbeitsbescheinigung nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt,
• Die Ordnungswidrigkeit kann […] mit einer Geldbuße bis zu zweitausend Euro geahndet werden.“
2. Möglichkeit: Vorschuss beantragen: Ihre finanzielle Absicherung, wenn die Arbeitsbescheinigung fehlt
Sollte sich die Ausstellung der Arbeitsbescheinigung verzögern, haben Sie dennoch Möglichkeiten, um finanzielle Engpässe zu vermeiden. Die Arbeitsagentur hat interne Verwaltungsvorschriften, die festlegen, wie in solchen Fällen vorzugehen ist.
„Besteht ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach und ist zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich, kann der zuständige Leistungsträger Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt. Er hat Vorschüsse nach Satz 1 zu zahlen, wenn der Berechtigte es beantragt; die Vorschusszahlung beginnt spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags.“
- Dem Grunde nach besteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn Sie mindestens ein Jahr gearbeitet und Sozialversicherungsbeiträge gezahlt haben. Die Arbeitsagentur prüft, ob die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Eine Ausnahme liegt vor, wenn Sie beispielsweise Krankengeld beziehen, denn in diesem Fall wäre nicht die Arbeitsagentur, sondern die Krankenkasse zuständig.
- Zur Feststellung der Höhe ist längere Zeit erforderlich: Bei Arbeitslosengeld kann davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzung „längere Zeit“ bei Überschreitung eines Zahlungszeitraumes erfüllt ist = „Zahlungszeitraum“ ist der Abstand zwischen zwei Gehaltszahlungen, regelmäßig also ein Monat. = Länger als einen Monat darf die Bearbeitung nicht dauern.
Stellen Sie einen Antrag auf Vorschuss auf das Arbeitslosengeld
- Wenn kein Antrag auf Vorschuss vorliegt, entscheidet die Arbeitsagentur in pflichtgemäßem Ermessen, ob und in welcher Höhe ein Vorschuss von Amts wegen gezahlt wird.
- Wenn ein Antrag auf Vorschuss vorliegt, muss die Arbeitsagentur einen Vorschuss zahlen. Über die Höhe des Vorschusses ist in pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Der Antrag auf Vorschuss kann formlos und bereits mit dem Antrag auf Leistungen gestellt werden.
Wichtig: Der Sachbearbeiter muss Sie spätestens bei wiederholten Rückfragen zur Arbeitsbescheinigung auf die Möglichkeit eines Vorschusses hinweisen.
Ermessen der Arbeitsagentur – Worauf kommt es an?
Die Arbeitsagentur muss bei der Entscheidung über einen Vorschuss verschiedene Faktoren berücksichtigen:
- Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
- Die Vermeidung von Abhängigkeit von anderen Sozialleistungen
- Die voraussichtliche Höhe des endgültigen Arbeitslosengeldes
Um Rückforderungen auszuschließen, ist die Höhe des Vorschusses an der voraussichtlich endgültigen Höhe des Arbeitslosengelds zu orientieren.
Tipp: Um Verzögerungen zu vermeiden, reichen Sie Ihre letzten Gehaltsabrechnungen ein. Diese enthalten die gleichen Informationen wie die Arbeitsbescheinigung und erleichtern die Berechnung der Leistungshöhe.
Wann erfolgt die Auszahlung des Arbeitslosengeldes?
Die Auszahlung des Arbeitslosengeldes erfolgt abhängig davon, ob der Vorschuss von Amts wegen gewährt wird oder ob ein Antrag gestellt wurde:
- Bei einer Ermessensentscheidung durch die Arbeitsagentur kann die Auszahlung flexibel gehandhabt werden.
- Bei einem gestellten Antrag auf Vorschuss muss die Zahlung spätestens nach einem Kalendermonat nach Antragseingang erfolgen. Falls bereits absehbar ist, dass die Bearbeitung länger dauern wird, kann die Zahlung auch früher erfolgen.
Fazit
Falls Ihr Arbeitgeber die Arbeitsbescheinigung nicht rechtzeitig ausstellt, sollten Sie keine Zeit verlieren. Nutzen Sie die Möglichkeiten, die Ihnen das Recht bietet: Bitten Sie die Arbeitsagentur, die Bescheinigung direkt anzufordern und beantragen Sie bei Bedarf einen Vorschuss. So sichern Sie sich Ihre finanzielle Stabilität, bis die endgültige Berechnung Ihres Arbeitslosengeldes abgeschlossen ist.