Abmahnung: 4 Tipps für eine rechtssichere Formulierung

Die arbeitsrechtliche Abmahnung: Ein Mittel zur Korrektur und Warnung

In langfristigen Arbeitsverhältnissen sollen Konflikte nicht sofort zur Kündigung führen. Stattdessen muss dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, Fehlverhalten zu korrigieren. Die arbeitsrechtliche Abmahnung dient dazu, eine Pflichtverletzung zu rügen und gleichzeitig vor möglichen Konsequenzen zu warnen. Sie signalisiert dem Arbeitnehmer unmissverständlich, dass sein Verhalten das Arbeitsverhältnis gefährdet. Sollte eine Abmahnung unwirksam sein, kann dies in einem späteren Kündigungsschutzprozess zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.

1. Wann ist eine Abmahnung vor der Kündigung erforderlich?

Nach der Rechtsprechung ist eine Abmahnung grundsätzlich erforderlich, wenn das Fehlverhalten des Arbeitnehmers steuerbar ist. Das bedeutet, dass eine Verhaltensänderung durch die Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen herbeigeführt werden kann. Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist nur in Ausnahmefällen zulässig, etwa wenn offensichtlich ist, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten auch nach einer Abmahnung nicht ändern wird oder wenn die Pflichtverletzung derart schwerwiegend ist, dass sie dem Arbeitgeber unzumutbar ist. Dies bestätigte das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 29. Juni 2017 (2 AZR 302/16).

2. Welche Bestandteile muss eine Abmahnung enthalten?

Eine wirksame Abmahnung setzt sich aus zwei zentralen Elementen zusammen: der Rüge und der Warnung.

  1. Rügefunktion: Der Arbeitgeber beanstandet eine konkret beschriebene Pflichtverletzung und fordert den Arbeitnehmer auf, sein Verhalten zu ändern oder künftig zu unterlassen.
  2. Warnfunktion: Der Arbeitgeber macht deutlich, dass eine Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens schwerwiegende Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis haben kann, bis hin zur Kündigung.

Diese beiden Elemente gliedern sich in vier essenzielle Bestandteile:

  • Konkrete Feststellung des Fehlverhaltens: Die Vertragsverletzung muss genau beschrieben werden. Pauschale Vorwürfe oder Werturteile reichen nicht aus.
  • Exakte Rüge der Pflichtverletzung: Es muss klar dargelegt werden, welche arbeitsvertragliche Pflicht verletzt wurde.
  • Aufforderung zur Verhaltensänderung: Der Arbeitnehmer wird unmissverständlich aufgefordert, das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen.
  • Androhung von Konsequenzen: Es muss klar formuliert sein, dass bei einer Wiederholung des Fehlverhaltens arbeitsrechtliche Maßnahmen, einschließlich einer Kündigung, drohen.

3. Wer darf eine Abmahnung aussprechen?

Eine Abmahnung darf nur von einer Person ausgesprochen werden, die gegenüber dem Arbeitnehmer weisungsbefugt ist. Das muss nicht zwingend die Geschäftsführung sein, jedoch ist nicht jeder Vorgesetzte berechtigt, eine Abmahnung zu erteilen.

4. Wie oft muss vor einer Kündigung abgemahnt werden?

Es gibt keine feste Regel, wonach eine bestimmte Anzahl von Abmahnungen vor einer Kündigung erforderlich wäre. Je nach Schwere des Fehlverhaltens kann bereits eine einzelne Abmahnung ausreichend sein. In Fällen wie Diebstahl, Betrug oder tätlichen Angriffen kann eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung erfolgen.

Wie lange ist eine Abmahnung gültig?

Eine Abmahnung bleibt in der Personalakte, solange sie für das Arbeitsverhältnis relevant ist. Sie verliert ihre Bedeutung mit der Zeit, sofern keine weiteren Pflichtverletzungen auftreten. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte in seinem Urteil vom 19. Juli 2012 (2 AZR 782/11), dass eine Abmahnung auch über ihre Warnfunktion hinaus für den Arbeitgeber von Bedeutung sein kann, etwa bei späteren Personalentscheidungen.

Typische Fallstricke bei der Abmahnung

  • Gleichartigkeit der Pflichtverletzungen: Eine Kündigung auf Grundlage von Abmahnungen ist nur möglich, wenn sich diese auf ähnliche Pflichtverletzungen beziehen. Beispielsweise sind Verspätungen und unerlaubter Alkoholkonsum nicht vergleichbar, während Verspätungen und das Unterlassen einer Krankmeldung durchaus aus demselben Pflichtenkreis stammen können.
  • Verbrauch des Fehlverhaltens: Eine abgemahnte Pflichtverletzung kann nicht erneut als Kündigungsgrund herangezogen werden. Der Arbeitgeber muss sich also entscheiden, ob er abmahnt oder direkt kündigt.
  • Mündliche Abmahnung: Theoretisch ist eine mündliche Abmahnung möglich, allerdings ist deren Nachweis im Kündigungsschutzprozess schwierig. Daher ist eine schriftliche Abmahnung dringend zu empfehlen.
  • Zusammenfassung mehrerer Verstöße: Es ist riskant, mehrere Pflichtverletzungen in einer Abmahnung zu bündeln. Wenn eine der beschriebenen Verfehlungen ungenau oder fehlerhaft dargestellt wird, könnte dies die gesamte Abmahnung unwirksam machen.
  • Zu viele Abmahnungen: Werden zu viele Abmahnungen ohne Konsequenzen ausgesprochen, kann dies ihre Wirkung abschwächen und den Eindruck einer leeren Drohung vermitteln.

Abmahnung im Kleinbetrieb

Auch in Kleinbetrieben mit weniger als zehn Beschäftigten, in denen das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, kann eine Abmahnung erforderlich sein. Zwar kann hier grundsätzlich ohne besonderen Kündigungsschutz gekündigt werden, jedoch darf der Arbeitgeber nicht willkürlich handeln. Eine Abmahnung kann daher notwendig sein, um den Grundsatz von Treu und Glauben zu wahren, insbesondere bei langjährigen Arbeitsverhältnissen oder besonderen sozialen Verpflichtungen des Arbeitnehmers.

Fazit

Die arbeitsrechtliche Abmahnung ist ein wichtiges Instrument zur Wahrung des Arbeitsfriedens und dient sowohl der Korrektur als auch der Warnung. Sie muss klar formuliert, präzise begründet und mit deutlichen Konsequenzen versehen sein. Fehler bei der Abmahnung können erhebliche rechtliche Folgen haben und im Zweifel die Wirksamkeit einer späteren Kündigung beeinträchtigen.


Heike Traphan

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Marc Traphan

Rechtsanwalt
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