Der allgemeine Kündigungsschutz
Eine Kündigungsschutzklage ist nur sinnvoll, wenn überhaupt Kündigungsschutz besteht. Der allgemeine Kündigungsschutz hat drei Voraussetzungen: Das Arbeitsverhältnis muss länger als sechs Monate bestehen und der Arbeitgeber muss in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen.
Alle drei Voraussetzungen können problematisch sein, meistens sind sie es nicht. Wichtig zu wissen: Auch geringfügig Beschäftigte können Kündigungsschutz genießen. Bei dieser Art von Arbeitsverhältnis gibt es nur abweichende Regelungen für die Sozialversicherung. Arbeitsrechtlich sind sie allen anderen Arbeitnehmern gleichgestellt und haben Anspruch auf bezahlten Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Der Kündigungsschutz setzt automatisch nach Ablauf von sechs Monaten ein. Eine Verlängerung der Probezeit nützt nichts. Dadurch kann der Kündigungsschutz nicht herausgeschoben werden. Allerdings tritt der Schutz auch nicht ein, wenn die Kündigung am letzten Tag der Probezeit zugeht und das Arbeitsverhältnis so erst nach sechs Monaten und vierzehn Tagen endet.
Kompliziert kann es bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl werden. Dabei ist darauf zu achten, dass nach dem Gesetz der Kündigungsschutz nicht besteht, wenn in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden. Teilzeitbeschäftigte (Geringfügig Beschäftigte sind auch Teilzeitbeschäftigte!) werden je nach Stundenzahl anteilig gerechnet. Und: Azubis zählen bei der Berechnung nicht mit.
Weiteres Problem: Der Schwellenwert ist zum Jahreswechsel 2003/2004 von fünf auf zehn Arbeitnehmer erhöht worden. Altarbeitnehmer können daher auch bei geringerer Mitarbeiterzahl Kündigungsschutz erhalten.
Die Klagefrist
Um schnell eine endgültige Klarheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu erzielen, hat der Gesetzgeber eine Klagefrist eingeführt: Eine Kündigungsschutzklage muss binnen drei Wochen nach Entgegennahme des Kündigungsschreibens beim Arbeitsgericht eingehen. Wird die Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam, selbst wenn sie offensichtlich unwirksam ist. Fristberechnung kann kompliziert sein, insbesondere wenn Wochenenden oder Feiertage berücksichtigt werden müssen. Eine nachträgliche Zulassung der Klage nach Ablauf der Frist ist zwar möglich, aber nur unter ganz besonders engen Voraussetzungen. Selten wird man daran gehindert sein, sich innerhalb von drei Wochen gegen die Kündigung zur Wehr zu setzen.
Besonderheiten gelten auch, wenn zur Kündigung die vorherige Zustimmung z. B. einer Behörde erforderlich ist. Dann läuft die Frist meistens nicht, manchmal aber doch. Daher kann dies nur im Einzelfall festgestellt werden. Von Selbstversuchen raten wir aber ab.
Das Klageziel
Viele Kläger meinen, das Ziel einer Kündigungsschutzklage ist eine Abfindung. Richtig ist, dass in der Mehrzahl der Fälle der Arbeitsplatz gegen Zahlung einer Abfindung aufgegeben wird. Klageziel nach dem Gesetz ist jedoch die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet wird, sondern weiter fortbesteht.
Ein Rechtsanwalt ist nicht erforderlich
Wer will, kann sich vor dem Arbeitsgericht selbst vertreten. In der I. Instanz gibt es keinen Anwaltszwang. Kläger und Beklagter dürfen ihre Schriftsätze selbst verfassen und auch vor Gericht auftreten. Ganz einfach hat es der Kläger: Er kann sogar die erforderliche Angaben auf der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts zu Protokoll geben. Der Rechtspfleger druckt die Klageschrift aus, die nur unterschrieben werden muss. Damit endet allerdings auch die Hilfe des Gerichts. In den Terminen darf der Richter nicht beraten. Gerade bei rechtlich komplizierten Bestandsschutzstreitigkeiten (Kündigung, Befristung u.a.) kann das Einsparen des Anwalts ein Sparen an der falschen Stelle sein.
Der Gütetermin
Sobald die Klageschrift bei Gericht eingegangen ist, setzt der Richter den Gütetermin an. Dieser liegt meist drei bis vier Wochen später, je nach Geschäftslage des Gerichts. Im Termin wird nur die Gegenseite und ggf. ihr Anwalt sowie der Richter anwesend sein. Ein Gütetermin dauert üblicherweise nur zehn bis fünfzehn Minuten. Dem Richter liegt bis zu diesem Zeitpunkt meist nur die Klageschrift vor, der Beklagte ist nicht verpflichtet, bis zum Gütetermin eine Stellungnahme abzugeben. Deshalb muss der Beklagte zunächst die Kündigungsgründe mündlich erläutern. Anschließend darf sich der Kläger dazu äußern.
Auf der Grundlage der geschilderten Tatsachen wird der Richter nun seine vorläufige Einschätzung der Rechtslage mitteilen und einen Vergleich anregen oder vorschlagen. Dazu ist er nach der Prozessordnung verpflichtet. Inhalt des Vergleichsvorschlags ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Der kreative Spielraum eines Richters ist begrenzt, er darf nicht beraten. Ein solcher Vorschlag kann brauchbar sein oder aber auch nichts taugen, manche Richter geben sich mehr Mühe als andere. Wenn beide Seiten einverstanden sind, wird der Vergleich protokolliert und das Verfahren ist beendet.
Gelegentlich will der Kläger nicht nur zur Sache etwas aussagen, sondern auch ausdrücken, dass er sich ungerecht behandelt fühlt. Mancher Richter wird diese Ausführungen schroff unterbrechen, weil sie juristisch nicht verwertbar sind. Wir meinen: Solange niemand herumpöbelt, darf auch mal kurz Dampf abgelassen werden.
Der Kammertermin
Können sich die Parteien nicht einigen, scheitert der Gütetermin. Nun wird Kammertermin anberaumt, der wiederum je nach Geschäftslage des Gerichts drei bis sechs Monate später liegt. In der Zwischenzeit muss der Beklagte die Kündigung schriftlich begründen, der Kläger darf antworten, der Beklagte erwidern; bis schließlich alles erschöpfend erörtert ist. Manchmal sind auch die Prozessbeteiligten erschöpft, je nach Qualität der gewechselten Schriftsätze.
Im Kammertermin sind neben dem Vorsitzenden als Berufsrichter auch zwei ehrenamtliche Richter anwesend. Im Regelfall wird jeweils einer von ihnen durch Gewerkschaften und durch Arbeitgeberverbänden vorgeschlagen und für fünf Jahre gewählt. Anders als die Schöffen im Strafverfahren, die Laien sein müssen, können sie auch Juristen sein, müssen es aber nicht. Sie sollen die Erfahrung aus dem Arbeitsleben mit einbringen.
Auch im Kammertermin wird das Gericht noch einmal eine gütliche Einigung versuchen. Wenn sich beide Parteien nicht einig werden, wird nach Schluss der Verhandlung ein Urteil gefällt.
Berufung und Revision
Der Prozessverlierer kann Berufung einlegen, wenn er mit dem Urteil nicht einverstanden ist. Vor dem Landesarbeitsgericht wird dann meist in einem einzigen Kammertermin der Rechtsstreit noch einmal in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht geprüft. Schließen die Parteien keinen Vergleich, so wird der Streit erneut durch Urteil entschieden. Gegen dieses Urteil ist die Revision zulässig, wenn das Landesarbeitsgericht sie zulässt. Anderenfalls kann eine Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden. In der Revision wird das Urteil nur daraufhin geprüft, ob es Rechtsfehler enthält. Fehlen für die Entscheidung wichtige Tatsachen, wird das Bundesarbeitsgericht den Streit zur Ermittlung dieser Tatsachen und zur erneuten Entscheidung an eine andere Kammer des Landesarbeitsgerichts zurückverweisen. Dann geht es also wieder von vorne los, mit allen Möglichkeiten.
Das Berufungs- und Revisionsrecht ist natürlich komplizierter als soeben dargestellt. Aber die Feinheiten sollen hier den Blick auf´s Wesentliche nicht verstellen.